Iman Issa
steirischer herbst ’22 | Ein Krieg in der Ferne
Im Mittelpunkt des steirischen herbst ’22 steht eine Ausstellung in beiden Flügeln des ersten Stocks der Neuen Galerie Graz. Historische Werke aus der Sammlung der Galerie treffen auf Projekte zeitgenössischer Künstler:innen, die eine neue Lesart der Sammlung durch das Prisma unbeachteter Kriege, verborgener Geschichte und verdrängter Konflikte bieten.
Bereits in der Vergangenheit wurden die Sammlungen der Neuen Galerie Graz – teilweise im Rahmen des steirischen herbst – neu beleuchtet, oft auf der Suche nach Formen und Medien, die die moderne und zeitgenössische Kunst vorwegnehmen. Diesmal liegt der Schwerpunkt auf Arbeiten, die in einer auf die Moderne zentrierten Kunstgeschichte meist im Schatten geblieben sind: Werke des 19. und 20. Jahrhunderts, die aufgrund ihrer figurativen und narrativen Qualitäten vernachlässigt wurden. Sie werden mit zeitgenössischen Werken – die meisten von ihnen neu in Auftrag gegeben – in verschiedenen Medien zusammengebracht. Diese liefern künstlerische und kuratorische Kommentare zu ominös-friedlichen Kunstwerken und verstärken die Echos nicht allzu lange zurückliegender Schlachten und deren weitreichender Folgen.
Die Ausstellung ist in Kapitel gegliedert und basiert auf subjektiven kuratorischen Entscheidungen, auf freien Assoziationen und Kontrapunkten. Im Zentrum steht der politische Umgang mit der Malerei; den roten Faden bildet ein wachsendes Gefühl der Bedrohung, verbunden mit den offenen und verschleierten Konfliktzonen der österreichischen Geschichte. Dazu gehören das historische Ressentiment angesichts des verlorenen Imperiums, die lange Geschichte des Kolonialismus, der Exotisierung und des Othering in Mittel- und Osteuropa sowie das Drama der Klassenkämpfe, die sich feierlich und spielerisch in Kunstwerken widerspiegeln.
www.steirischerherbst.at